Hat Dich schon mal eine Schlafstörung fast in den Wahnsinn getrieben? Vor
einiger Zeit bin ich wochenlang frühmorgens aufgewacht. Der Wecker zeigte 3.58 oder 4.02 Uhr - selten gab es eine größere Abweichung von dieser Uhrzeit.
Jedes Mal habe ich gestöhnt und mit den Augen gerollt. Mein Geist war hellwach, während meiner Körper noch mit großer Müdigkeit kämpfte und nicht bereit war auf Betriebstemperatur hochzufahren.
Was ich alles versucht habe und was letztlich geholfen habe, erfährst Du hier.
Zuerst dachte ich noch naja, es ist Frühjahr, es dämmert um diese Zeit und das Licht sorgt dafür, dass Melantonin abgebaut wird, unser Schlafhormon abgebaut wird, in der Folge wachen wir auf. Als
Coach für Schlafstörungen hab ich im Laufe der Jahre so einiges Wissen angesammelt. So fand ich die Erklärung schlüssig und ich habe Melantonin substituiert. In der Apotheke bekommt man nur
retardiertes Melantonin, also Tabletten, die den Wirkstoff sofort freisetzen und nicht nach und nach abgeben – das war mir bewusst, aber ich dachte, ich fange mal so an.
Gleichzeitig habe ich noch einen Verdunkelungsvorhang gekauft, um das Schlafzimmer dunkler zu bekommen.
Beides zeigt null Wirkung.
Da lag ich also, hellwach in einem müden Körper und dachte so vor mich hin. Ich konnte kein bestimmtes Thema ausmachen, dass mich aus dem Schlaf geholt hat. Aus meiner Sicht war in meinem Leben
alles soweit in Ordnung, aber augenscheinlich war mein Unterbewusstsein da anderer Meinung. Irgendwas schien mich ja zu beschäftigen, andere Ursachen konnte ich ausschließen, ich war kerngesund …
jedenfalls fühlt ich mich so.
So ging meine Suche los. Ehrensache zumal ich es fast ein bisschen peinlich, dass ich als Schlaf-Coach nun plötzlich mit einer Schlafstörung zu tun hatte. Meine These bei Schlafstörungen ist ja,
dass man sich an irgendeiner Stelle nicht in Sicherheit fühlt und deswegen nicht schlafen kann.
Zuerst konsultierte ich meine Coachingausbilderin Olivia. Wir erforschten Themen, die mich vielleicht unbewusst wachhielten. Zusätzlich gab sie mit noch eine Homöopathie und ein therapeutisches
Öl zur abendlichen Anwendung. Es roch sehr angenehm, es waren auch gute Coachingsitzungen, trotzdem zeigt mein Wecker weiter 4 Uhr wenn ich die Augen aufschlug.
So langsam war ich genervt.
Und müde tagsüber. Spätestens um 15 Uhr hatte ich ein Tief zu verzeichnen. Und gegen 21 Uhr fielen mir die Augen zu. Um zumindest auf sechs bis sieben Stunden zu kommen, bin ich vor 22 Uhr ins
Bett gegangen. Manchmal vor meiner 10jährigen Tochter.
Gerade im Bewusstsein, welche Auswirkungen Schlafmangel hat, achtete ich penibel darauf auf maximal viel Schlaf zu bekommen. Es ist ja nicht nur die körperliche Regeneration, die zu kurz kommt,
sondern auch die mentale.
Noch konnte ich zwar nicht feststellen, dass ich unkonzentriert war oder gereizt, aber 100% leistungsfähig fühlte ich mich nicht. Auch bildeten sich langsam leicht dunkle Schatten unter meinen
Augen. Nicht grad förderlich, wenn man für guten erholsamen Schlaf steht.
Also beschloss ich weiter Substanzen zur Schlafförderung aufzuprobieren. Ich nahm Ashawangha, die Schlafbeere, vielgeschätzt in der Ayurvedischen Medizin. Ohne Wirkung. Lavendelöl als Kapsel,
aber auch aufs Kopfkissen. Das ist nett zum Einschlafen, bringt aber wenige beim sogenannten frühmorgendlichen Erwachen unter dem ich litt.
Ich versuchte es mit den Techniken, die ich meinen Klienten beibringe, um schneller einzuschlafen oder erneut in den Schlaf zu gleiten wenn sie zu früh aufwachen. Die Ironie des Schicksals wollte
es, dass sie sich bei mir als wirkungslos herausstellten, obwohl sie bei meinen Klienten sehr zuverlässig wirkten. Ich versuchte also die tiefe Bauchatmung, tappen, klopfen, Selbsthypnose.
Zumindest mit Autosuggestionen kam ich in einen leicht anderen Zustand, so ne Art Dämmerschlaf, der regenerativer ist als das Wachsein. Damit war ich etwas zufriedener. Aber so richtig bekam ich
es nicht in den Griff.
Ich war zunehmend besorgt.
Nicht genau zu wissen, was ursächlich ist und somit an der Stelle auch nicht
ansetzen zu können, machte auf eine Art hilflos. Gerade wenn man so viel über Schlaf weiß, wie ich es von mir dachte. Zwischendurch tröstete ich mich damit, dass ich wohl noch tiefer
eintauchen sollte, um weitere Methoden, Hilfsmittel oder Substanzen finden sollte, um meinen Klienten zu helfen. Klang in der Theorie gut. Und bekanntlich ist man immer hochmotiviert in eine
Materie einzutauchen, wenn man ein Problem zu lösen hat.
Manchmal entschloss ich mich aufzustehen und mich weiter im Bett zu verharren. Also beobachtete ich den Sonnenaufgang. Hörte der Stadt beim Erwachen zu. Manchmal klappte ich den Laptop auf und
fing an zu arbeiten. Nicht selten hatte ich gute Ideen. Und bevor der Tag so richtig begann, hatte ich schon so einiges auf den Weg gebracht. Das war die gute Seite. Und wenn 6,5 Stunden zur
Erholung gereicht hätten, wäre ich fast ein Fan, des Early-birds-Arbeitens geworden, doch leider wusste ich bin ein 8- Stunden-Schläfer, wenn man mich lässt. Oder ich mich selber nicht lasse.
(Smiley mit rollenden Augen)
Dann wieder tröstete ich mich damit, dass ich in der Zeit als meine Tochter klein war auch nicht wirklich geschlafen habe. So wankte ich immer wieder hin und her zwischen Selbstberuhigung und
mich anzutreiben, eine Lösung zu suchen.
Freundinnen erinnerten mich daran, dass ich aufgrund meines Alters mit Hormonschwankungen zu rechnen habe. Also ließ ich meine Hormone untersuchen und wartet hoffnungsvoll auf das Ergebnis. Alles
im Normalbereich. Das ist eine gute Nachricht, frohlockte meine Gynäkologin und sah mich erwartungsvoll an. Ich meinte müde, ja, aber wenn es irgendwo ein Ausreißer gegeben hätte, hätten wir da
ansetzen können.
Also untersuchten wir noch meine Schilddrüsenwerte. Die sich auch alle im Normalbereich befanden. Jetzt nicht aufgeben! Vitamin D war noch nicht untersucht. Ha! Meine Werte war im Keller. Ich war
voller Hoffnung. Ich nahm also frohen Mutes hohen Dosen von diesem Vitamin, das für unseren Schlaf wichtig ist. Selbst als mein Vitamin D Speicher übervoll war, konnte ich kein Durchschlafen
verzeichnen. (Zwei Smileys mit Augenrollen)
Ich griff zum Äußersten und ließ mir von meinem Arzt Schlaftabletten verschreiben. Ja, irgendwann ist einem alles egal. Meine Idee war, mein Muster zu durchbrechen. Hatte ich doch den Verdacht,
dass sich mein System schon auf das frühe Zubettgehen und gleichzeitig frühe Erwachen eingestellt hatte. Und der geneigte Leser errät es schon. Egal, ob ich eine normale Dosis am Abend nahm, ich
wachte auf oder wenn ich noch einen Krümel um vier morgens, es brachte zwei Stunden unruhigen Schlaf und machte mich nicht fitter.
Was jetzt? Mittlerweile zog sich das ganze schon Wochen hin. Ich hatte alle ToDo-Listen abgearbeitet und meine Freunde auch schon ausreichend vor sechs Uhr auf WhatsApp zugetextet. Der
Sonnenaufgang erschien mir auch nicht mehr so magisch und die Schatten um meine Augen wurden dunkler.
Was würde ich jetzt einem Klienten empfehlen?
Hatte ich noch nicht tief genug geschürft? Meine Coachinglehrerin meinte, ich
hätte wohl nicht genug Vertrauen in mich und meinen Weg. Klar, Schlafen hat was mit Vertrauen und Loslassen zu tun. Sich dem Schlaf hingeben. Sich in Morpheus Arme begeben. Je mehr wir Schlaf
herbeiführen wollen, desto mehr entzieht er sich uns. Also überprüfte ich, wo ich nicht im Vertrauen war und kam auch da nicht wirklich zu erhellenden Ergebnissen. (Drei Smileys mit
Augenrollen)
Jetzt gab es nur noch einen Ausweg: Radikale Akzeptanz. Ein Konzept aus der Psychologie, das besagt, Unvermeidliches kompromisslos anzunehmen, zu akzeptieren und damit zu leben. Sagte ich nicht
öfter zu meinen Klientinnen: „Was, wenn ihr Problem bleibt, es sich nicht lösen lässt? Was ist dann?“ Also musste ich mir wohl oder übel die gleiche Frage stellen.
Ja dann, dann würde ich mit dem ersten Hahnenschrei (den man mitten in Hamburg
vergeblich sucht) wach werden und die Zeit bis zum Weckerklingeln mehr oder weniger produktiv rumbringen. Ich beschloss, dem Thema nicht mehr so viel Aufmerksamkeit zu geben. Mir immer wieder
achselzuckend sagen: „Ja, so isses grad und irgendwann wird es sich wieder ändern.“
Ich nehme es an! Ich lasse den Widerstand los!
Ich kann nicht ändern, was ich nicht ändern kann. Auch wenn ich anfangs glaubte, ich könne es ändern. Und was soll ich sagen, es brauchte ein bisschen… ungefähr zehn Tage.
Eines morgens, eines morgens zeigt der Wecker 7.28. Ungläubig rieb ich mir die
Augen. Ich hatte über neun Stunden geschlafen. Einfach so. Ich war überglücklich und erleichtert. Seit diesem Tag schlafe ich wieder.
Und meine Erkenntnis: Unser Wollen und unser Wissen ist manchmal nicht ausreichend, um eine Veränderung herbeizuführen. Gerade nicht, wenn es sich um unseren Schlaf handelt. Dieser zarte Zustand
unterliegt nur bedingt unserem bewussten Willen, es hat viel mehr mit Loslassen zu tun. Wenn wir die Geschehnisse des Tages loslassen und uns vertrauensvoll hingeben, dann senkt sich der Schlaf
wie eine wärmende Decke auf uns nieder. Es lebe die „Radikale Akzeptanz“.
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